Presseerklärung,
17.01.2005
PDS setzt Schwerpunkte bis 2006
- Landtagsfraktion und Landesvorstand verabschieden "Freyburger
Erklärung "
- Matthias Höhn gibt Kandidatur zu Landesvorsitz bekannt
Nach der Winterklausur
von PDS-Landesvorstand und PDS-Landtagsfraktion am Wochenende,
hatten Dr. Rosemarie Hein, PDS-Landesvorsitzende, und Wulf Gallert,
Vorsitzender der PDS-Landtagsfraktion, zur Pressekonferenz eingeladen.
Matthias Höhn stellvertretender Landesvorsitzender nahm ebenfalls
teil.
1. Dr. Rosemarie
Hein informierte über die Kandidatur von Matthias Höhn
zum Landesvorsitz. Auf der Klausur am Wochenende befürworteten
die Mehrzahl Mitglieder des Landesvorstandes und der Landtagsfraktion
seine Kandidatur. Bereits Anfang Dezember letzten Jahres hatten
die PDS-Kreisvorsitzenden ein positives Votum zu dieser Frage
abgegeben.
Am 18. und
19. Juni wird auf der 1. Tagung des 9. Landesparteitages der PDS-Sachsen-Anhalt
ein neuer Landesvorstand gewählt. Die stellvertretenden Landvorsitzenden
Gudrun Tiedge und Dr. Achim Bittrich haben ihre Wiederkandidatur
als stellvertretende Landesvorsitzende angekündigt.
Dr. Rosemarie
Hein verwies darauf, dass mit dieser Kandidatur eine Chance zur
Weiterführung des eingeschlagenen Weges besteht.
2. Wulf Gallert berichtete über den inhaltlichen Verlauf
der Klausur und kommentierte die von Landesvorstand und Landtagsfraktion
abgegebene "Freyburger Erklärung".
(siehe unten)
3. Auf der
Klausur verständigten sich die TeilnehmerInnen über
den Stand der derzeitigen Diskussion und Entwicklung bei der Umsetzung
der Funktional- Verwaltungs- und kommunalen Strukturreform im
Land Sachsen-Anhalt. Der PDS-Landesvorstand wird am 25.01.2005
das Verfahren zur weiteren Positionierung in dieser Frage beschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Spaeth
Pressesprecher
Freyburger
Erklärung
Gemeinsame
Winterklausur des PDS-Landesvorstandes und der PDS-Landtagsfraktion
Sachsen-Anhalt, Januar 2005
Landesvorstand
und Landtagsfraktion der PDS Sachsen-Anhalt haben sich am Wochenende
in Freyburg/Unstrut auf ihrer jährlich stattfindenden gemeinsamen
Winterklausur mit der längerfristigen Entwicklung des Landes
befasst - über das Wahljahr 2006 hinaus.
Die PDS sieht
Sachsen-Anhalt in einer Scheidewegsituation. Das Land steht einerseits
am Ende eines gescheiterten Transformationsprozesses - gescheitert
deswegen, weil er nicht zu einer selbsttragenden Entwicklung geführt
hat. Andererseits ist das Land eingetreten in eine Periode neuer
Herausforderungen, die sich nicht mehr in erster Linie aus dem
Scheitern der DDR und den Fehlern der Vereinigung ergeben - jetzt
geht es um die Konsequenzen der Globalisierung, um den Übergang
zur Wissensgesellschaft, die Veränderungen der Arbeitswelt,
der demografischen Entwicklungen und der Verknappung von Ressourcen.
Es muss klar
sein: Mit den bisherigen Modellen und Instrumenten ist diese Situation
nicht zu bewältigen. Sie ist nicht einfach als Bedrohung
abzuwenden; sie ist nicht platt als Chance zu begreifen. Der Nachbau
West ist erledigt - er hat in den 90er Jahren nicht einmal zum
Stand der alten Bundesrepublik in den 80er Jahren führen
können; er wird erst recht nicht helfen, wenn jetzt die alten
Bundesländer von ihrem heutigen Stand aus aufbrechen.
Fazit: Sachsen-Anhalt
braucht einen eigenständigen, authentischen Ansatz - angesichts
seiner besonders zugespitzten Lage auch im Vergleich mit den anderen
ostdeutschen Bundesländern.
Deswegen lautet
das Schlüsselwort: INNOVATION - nicht allein als technische,
technologische Angelegenheit, sondern als umfassende Erneuerung
auf allen gesellschaftlichen Ebenen, in der Wirtschafts- wie der
Bildungspolitik ebenso wie bei der Entwicklung der Verwaltungsstrukturen.
Im Kern geht es um einen Paradigmenwechsel, um ein Umsteuern
beim Umgang mit den ernsten Problemen unserer Landes - von der
teuren nachsorgenden Reparaturpolitik hin zu einer investiven
vorsorgenden Gesellschaftspolitik.
Der Weg kann
hier schon der erste Erfolg sein. Es geht nicht nur um ein notwendiges
Übel in Auseinandersetzung mit einem anderen Übel, sondern
um ein mögliches neues, positives Markenzeichen für
das Land Sachsen-Anhalt - als ein Land der Innovationen, des Wissens,
der Zukunft. Sachsen-Anhalt war in der Geschichte - zu Zeiten
Luthers und Friedrichs des Weisen etwa, aber auch in anderen Phasen
- durchaus schon Mal ein Zentrum des (europäischen) Geisteslebens,
von Kultur, Bildung und Wirtschaft. Es liegt nicht am Land - es
liegt daran, was man daraus, was man damit macht.
Die PDS hat
mit dem Landesparteitags-Beschluss von Leuna im September vergangenen
Jahres begonnen, sich politisch auf diese neuen Herausforderungen
einzustellen. Auf der Klausur ist dieser Innovationsansatz vor
dem Hintergrund der Abwanderungsdebatte auf den Prüfstand
gestellt worden - und hat bestanden. Bis zum Herbst wird die PDS
eine Gesamtstrategie für eine zukunftsträchtige Landesentwicklung
ab 2006 vorlegen.
Wenn wir unsere
strategische Linie entwickeln und im Detail umsetzen, werden dabei
Projekte eine Rolle spielen wie
· Wissen schafft Arbeit - Umsteuerung der Wirtschaftsförderung
zugunsten der wissensbasierten Produktion in unterschiedlichen
Branchen;
· Solide und hohe Bildung und Chancengleichheit im Zentrum
der Bildungspolitik - aus PISA lernen und den notwendigen Weg
zu einer gemeinsamen Schule für alle Kinder endlich beschreiten;
· Erneuerung des Programms "Jugend in Arbeit"
auch und gerade unter sich verändernden demografischen Bedingungen;
· Entwicklung moderner Verwaltungs- und Kommunalstrukturen
mit dem Ziel von mehr Bürgernähe und mehr kommunaler
Selbstverwaltung. Mehr Zivilgesellschaft statt Bürokratie.
Partizipative Bürgerhaushalte.
· Weiterentwicklung des Konzepts für die Entwicklung
ländlicher Räume. Auch Peripherien können und müssen
ihre Funktion im Land haben - sie dürfen nicht abgehängt
bleiben bzw. werden.
· Entwicklung kultureller Strukturen unter den Bedingungen
gesellschaftlichen und demografischen Wandels - Schrumpfungsprozesse
in politische Gestaltung einbetten, um bloße Degenerationsprozesse
zu verhindern. Wir müssen die in ihnen liegende Chance herausarbeiten.
· Erarbeitung eines sozialpolitischen Gesamtkonzepts für
Sachsen-Anhalt. Nachteilsausgleich und Benachteiligtenförderung
sollen den Anschluss für alle an die Erneuerung des Landes
ermöglichen. Wir wollen die sozialpolitische Rolle der Kommunen
durch eine kommunale Sozialpauschale und einen kommunalen Familienpass
stärken.
Die PDS ist
davon überzeugt, dass es für Sachsen-Anhalt einen Weg
in eine attraktive Zukunft geben kann. Dafür wollen wir politisch
arbeiten und werben. Wir werden mit einem entsprechenden Konzept
in den Wahlkampf gehen.
Wir wollen
damit auch eine politische Alternative im demokratischen Spektrum
aufbauen. Demokratieverdruss und Politikerverdrossenheit, unbeherrschte
Wut und Hass und die Bereitschaft, sich deswegen auf rechtsextremes
Gedankengut und rechtsextreme Parteien einzulassen, stehen zwar
im Gegensatz zum gegenwärtigen Sachsen-Anhalt und seiner
politischen Kultur. Dies muss jedoch immer wieder erneuert werden.
Wir werden deswegen nicht nur unser Zukunftsmodell für unser
Land entwickeln und diskutieren, nicht nur die Auseinandersetzung
mit dem gegenwärtigen Rechtsextremismus führen, sondern
auch nicht nachlassen, die Erinnerung an die Verbrechen des deutschen
Faschismus wach zu halten. Für uns bleibt der 8. Mai 1945
der Tag der Befreiung - und so werden wir uns intensiv auf dessen
60. Jahrestag vorbereiten und ihn begehen.
Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus muss Sache aller,
Sache der gesamten Gesellschaft und gerade deswegen hohes Anliegen
der Politik sein. Der Runde Tisch gegen Rechtsextremismus muss
nun endlich Sache des Ministerpräsidenten werden.
Freyburg, 16. Jan. 2005
Dr.
Rosemarie Hein
Für
den Landesvorstand
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Wulf
Gallert
Für
die Landtagsfraktion
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