PISA beweist
- Mehr individuelle Förderung statt Begrenzung des Bildungszuganges
Den Schulen
in Sachsen-Anhalt wird nach der neuesten PISA-Studie innerhalb
Deutschlands der größte Zugewinn bescheinigt. Dazu
erklärt die bildungspolitische Sprecherin der PDS-Landtagsfraktion
Rosemarie Hein:
Der
heute in groben Zügen veröffentlichte Ländervergleich
der PISA-Studie aus dem Jahre 2003 verändert nichts an der
Grundkritik am deutschen gegliederten Schulsystem. Nach wie vor
ist die Abhängigkeit des Schulerfolgs vom sozialen und vom
Bildungshintergrund der Schülerinnen und Schüler am
größten in Europa.
Die Bundesrepublik
geht damit mit dem am schlampigsten um, worauf sie am meisten
angewiesen ist: mit der jungen Generation und ihrer Bildung und
Ausbildung. Das gegliederte Schulsystem kann das auch kaum zufriedenstellend
leisten. Dass deutsche Gymnasiasten ihren Altersgenossen weit
voraus sind, beweist dies. Dagegen belegen Ergebnisse wie die
der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden, einer integrierten Gesamtschule,
dass auch mit leistungsgemischten Lerngruppen Bestleistungen zu
erzielen sind und leistungsstarke wie leistungsschwächere
besser gefördert werden können. Aber Schulen wie die
Helene-Lange-Schule haben in Deutschland eben Seltenheitswert
und die Entstehung neuer integrierter Gesamtschulen, die sich
der Gliederungslogik nicht unterziehen müssen, wird behindert,
wo es nur geht.
Wir fordern
mehr und zielstrebigere individuelle Förderung für alle
Kinder statt der von der Landesregierung in Sachsen-Anhalt zu
verantwortenden Begrenzung von Bildungszugängen.
Dennoch will
ich vor Kurzschlüssen warnen. Wie die erst in dieser Woche
vorgestellte Studie von Klemm und Bock nachweist, sind schulische
Erfolge in hohem Maße von der sozialen Lage in den Ländern
abhängig. Der Erfolg von Bayern scheint ein Beleg dafür
zu sein.
Sachsen-Anhalt hat aber nach dieser Studie in fast allen Parametern
die ungünstigsten Voraussetzungen. Wenn man das nicht als
Schicksal hinnehmen will, muss entschieden gegengesteuert werden.
Und wir haben gerade in Sachsen-Anhalt dringend die Frage eines
adäquaten und wirksamen Ausgleichs für Kinder aus sozial
benachteiligten und bildungsfernen Familien auf die Tagesordnung
zu setzen.
Die Maßnahmen
der Landesregierung in der Sekundarstufe sind dafür kontraproduktiv.
Auch kommt es nicht nur auf schulstrukturelle Maßnahmen
an, sondern auf die Veränderung des Unterrichts.
Die Verbesserungen, die Sachsen-Anhalt aufzuweisen hat, beweist,
dass auch kleine Schritte in die richtige Richtung Erfolge bringen
können, denn die PISA-Ergebnisse der heute veröffentlichten
Studie hat Schülerinnen und Schüler geprüft, die
die Förderstufe durchlaufen, und auch die Veränderungen
in der Sekundarschule wenigstens im Ansatz erfahren haben.
Der jetzt ausgewiesene Zugewinn ist also mitnichten ein Verdienst
der CDU-FDP Bildungspolitik in Sachsen-Anhalt.
Die Ergebnisse
sind einmal mehr Beleg dafür: Es bedarf grundsätzlicher
Veränderungen im Bildungssystem und eines längeren Zeitraumes
bis sich Verbesserungen aus einer anderen Schulpolitik und eines
anderen Unterrichtens auch in Lernergebnissen niederschlagen.
Die Maßnahmen zur Veränderung des Schulanfangs und
der Gestaltung der Grundschule werden frühestens in zehn
Jahren messbar sein. Aber gerade darum halte ich es für kontraproduktiv,
nach der Grundschule die Leistungsauslese wieder zu verstärken,
wie es die Landesregierung durch ihre Gesetzgebung getan hat.
Hier geht es nur um Schulstrukturen mit dem Ziel der Leistungstrennung,
nicht um andere Bildung.
Magdeburg,
14. Juli 2005
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