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Beschluss als RTF / PDF

Reformen müssen Sachsen-Anhalt nutzen

Bürgerschaftliche Rechte stärken


Für eine tiefgreifende Funktional- Verwaltungs- und kommunale Strukturreform

Beschluss der 1. Tagung des 9. Landesparteitages der PDS Sachsen-Anhalt

am 18. und 19. Juni 2005 in Wittenberg

Der PDS-Landesverband spricht sich für die Weiterführung der Funktional-, Verwaltungs- und kommunalen Strukturreform im Land Sachsen-Anhalt aus, um einen zukunftsfähigen Landesaufbau zu erreichen. Dies ist unter den gegenwärtig eingeleiteten Reformansätzen nicht gewährleistet. Es ist auch und gerade auf den politisch agierenden Ebenen von Land und Kommunen notwendig, sich der Defizite bestehender Strukturen und Arbeitsweisen gegenüber den sich rasant entwickelnden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der sich daraus ergebenden Anfor-derungen an staatliches und kommunales Agieren bewusst zu werden.

Stagnation, Bewahrungsmentalität, die Politik der halbherzigen Schritte auf dem Gebiet der Funktional-, Verwaltungs- und kommunalen Strukturebene müssen über-wunden werden. Für die PDS Sachsen-Anhalt bedeutet ein neuer innovativer Ansatz erstens einen Demokratieschub hin zur Zivilgesellschaft durchzusetzen, zweitens die Entwicklung eines zweistufigen Verwaltungsaufbaus durch umfassende Kommu-nalisierung staatlicher Aufgaben zu bewirken und die zu kleinteiligen Länder-strukturen schrittweise zu überwinden sowie drittens bürgernahe Entscheidungs-strukturen im kommunalen Bereich herauszubilden.

Das Konzept der PDS

1. Demokratieentwicklung hin zur Zivilgesellschaft

· Bürgerkommunen jetzt

Für die PDS ist die Stärkung der Zivilgesellschaft ein strategisches Ziel. Eine wesentliche Aufgabe zur Umsetzung dieses Zieles ist die Herausbildung von Bürgerkommunen. Hier liegen die größten Potenziale für bürgerschaftliches Enga-gement und Selbstentscheidung, für ein aktives Mitentscheiden und Selbstorgani-sation. Um diese Potenziale zu entfalten, bedarf es einer neuen Kultur der Kommu-nalpolitik. Die PDS Sachsen-Anhalt hält es für erforderlich, unverzüglich die Reformdiskussionen und -aktivitäten flächendeckend mit dem Ringen um eine kommunale Politikreform zu verbinden. Die günstigen Voraussetzungen, die Funktional- und Strukturreformen dafür bieten, sollten konsequent genutzt werden. Bei einem „weiter so“ bergen sie die Gefahr in sich, dass sich das Kräftedreieck Bürger - Verwaltung - KommunalpolitikerInnen weiter zu Ungunsten von Bürger-beteiligung und des kommunalen Ehrenamtes in Richtung Verwaltung verschiebt. In den vergangenen Jahren haben sich die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die Kommunalpolitik stark verändert. Der beschleunigte Aufgabenwandel, neue Informations- und Kommunikationsmittel, die Reformansätze der kommunalen Verwaltung aber auch die Einengung finanzieller Spielräume und eine Politikver-drossenheit der Bürgerinnen und Bürger sind einige dieser Indikatoren. Dem gegenüber stehen größtenteils über Jahre eingefahrene Arbeitsweisen der ehrenamtlichen KommunalpolitikerInnen. Dies betrifft u.a. den Umgang mit den Einwohnerinnen und Einwohnern, die Form des Wissenserwerbs, die Art und Weise der politischen Meinungsbildungsprozesse und die Kommunikation mit der Verwal-tung. Effizienz und Demokratiegewinn sieht die PDS vor allem in der Stärkung direkter Demokratieentfaltung (Bürgerentscheide, Bürgerhaushalte, Bürgerinitiativen und Einwohneranträge) in einer auf strategische Arbeit ausgerichteten politischen Aktivität der gewählten kommunalen MandatsträgerInnen sowie einer weiteren Kommunalisierung staatlicher Aufgaben. Aktiv wird die PDS Wege und Formen entwickeln und umsetzen, die der anwachsenden Ausgrenzung sozialer Gruppen entgegensteuern.

· Die kommunale Selbstverwaltung neu denken

Bisherige Gebietsreformen wurden vorrangig nach politischer Kräftekonstellation entschieden. Die PDS spricht sich für transparente, objektive Kriterien einer solchen Reform aus. Insbesondere legt die PDS auf eine Balance zwischen Effizienz- und Demokratieaspekten innerhalb der Reformprozesse Wert. Im Zentrum der Überle-gungen stehen für die PDS die umfassende Kommunalisierung vormals staatlicher Aufgaben und die Ausweitung des Subsidiaritätsprinzips, das über den kommunalen Bereich hinaus auf die Einwohnerinnen und Einwohner ausgeweitet wird. Für den Reformansatz der PDS gilt es, die Bürgerschaft nicht nur als Adressat und Empfänger von Verwaltungsleistungen, sondern in einer Rechte- und Pflichten-stellung innerhalb kommunaler Selbstverwaltung zu sehen.

Dies setzt unter anderem voraus, die klassische Aufgabenteilung wie freiwillige und pflichtige und ihren Bezug zum eigenen und übertragenen Wirkungskreis kritisch zu hinterfragen. Ergänzt werden müssen sie durch „Selbsthilfeaufgaben“ bzw. durch „Aufgaben des bürgerschaftlichen Engagements“. Es sind jene Aufgaben, die verstärkt durch Bürgerinnen und Bürger mitbestimmt und umgesetzt werden. Solche bürgerschaftlichen Aktivitäten sind die bereits praktizierten Arbeitsgemeinschaften für Gemeinwesenarbeit, für integrierte Stadtentwicklung, Stadtteil- und Ortsbeiräte zur Vernetzung der "Hilfe zur Selbsthilfe" zwischen IG Handwerk und Gewerbe-treibende, Bürgerinitiativen sowie sozialen und sozio-kulturellen Vereinen und Verbänden, Kinder- und Jugendparlamente, Runde Tische zur Migration usw. usf..

Das bedeutet kein Selbstverzicht beispielsweise auf kommunale Daseinsvorsorge, sondern Bereicherung durch bürgerschaftliches Engagement. Diese eigenständige Position von Einwohnerinnen und Einwohnern erfordert ein vielfältiges Umdenken. Dies betrifft u.a. neue Organisationsformen innerhalb der Verwaltung, andere Schwerpunkte in den Haushaltsansätzen aber auch die Verankerung dieser neuen Position des Bürgers in der Kommunalverfassung und ihrer Einflussnahme auf kommunale Satzungen.

· Das kommunale Ehrenamt stärken

Das kommunales Ehrenamt wurde in den letzten Jahren innerhalb der Reform-debatten zu Unrecht vernachlässigt. Die PDS sieht in der Qualifizierung des kommunalen Ehrenamtes einen Schwerpunkt der Reformen auf kommunaler Ebene. Die kommunalen MandatsträgerInnen müssen selbst die Impulse setzen, einge-fahrene Gleise zu verlassen. Sie müssen die politischen Impulse setzen, die Verwal-tung auf eine qualifizierte Dienstleistungs- und Managementverwaltung für Bürger-beteiligung auszurichten. Ihnen obliegt es, die kommunalpolitischen Rahmen-bedingungen für bürgerschaftliches Engagement zu bestimmen und sich energischer um den Erhalt und die Wiedergewinnung von kommunalen Entscheidungsspiel-räumen einzusetzen.

Bei der Umsetzung tiefgreifender Struktur- und Funktionalreformen dürfen deshalb nicht die Lösungswege von gestern und heute zum Maßstab der Arbeit von morgen gewählt werden. Insbesondere auf der Kreisebene müssen die Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt professionalisiert werden. So ist ein angemessener Dienstleistungssektor für das Ehrenamt zu gewährleisten. (z.B. Geschäftsstellen, Zugriffmöglichkeiten auf Literatur und Gesetzgebung, Konsultationsmöglichkeiten von Verwaltungsfachkräften, z.B. der Kommunalaufsicht und des Rechtsamtes, angemessene Aufwandsentschädigungen.) Es gilt, neue Formen eines dezentralen Wissenserwerbs und der Informationstätigkeit zu erproben und anzuwenden und bisher praktizierte aufwendige Wege oder aber auch völlig unzureichende Formen der Entscheidungsfindung aufzubrechen. Auf Landesebene muss das Kommunal-recht zur Stärkung des Ehrenamtes beispielsweise hinsichtlich der Informations-, Kontroll- und Entscheidungsrechte kommunaler Mandatsträger weiter qualifiziert werden. Das kommunale Ehrenamt ist in erster Linie so stark, wie es den kommunalen MandatsträgerInnen gelingt, sich selbst zu hinterfragen und neue Lösungsansätze zu finden. Ohne kommunale Politikreform keine Bürgerkommune.

· Die kommunale Verwaltung neu ausrichten

Bei den kommunalen Verwaltungen geht es nicht nur um die zu erschließenden Möglichkeiten eines effizienten Personaleinsatzes und auch mittelfristiger Personal-reduzierung, die durch die derzeitige Altersstruktur im öffentlichen Dienst unter Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen und der Gewährleistung von Einstellungskorridoren erfolgen kann. Durch die Eingliederung von Sonderbehörden wird zudem ein beachtlicher Teil des Personals vom Land in die Kommunen wechseln. Die PDS setzt sich dafür ein, ein modernes einheitliches Dienstrecht, u.a. mit leistungsorientierten Bezahlungselementen und einer Flexibilisierung der Arbeitszeit zu gewährleisten.

Im Rahmen der Verwaltungsreform sind die Hierarchien in der Aufbau- und Ablauf-organisation deutlich zu verflachen, Entbürokratisierung und Aufgabenkritik sind stärker auf die aktuellen Erfordernisse auszurichten und die Mitwirkung der Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung bei den Entscheidungsprozessen früh-zeitig zu garantieren.

Die PDS vertritt die Auffassung, dass Neugliederungen von Gebiets- und damit auch Verwaltungsstrukturen stets die Chance in sich bergen, Verwaltungen zu moderni-sieren. Die PDS hat sich für eine umfassende Innovation in der Gesellschaft ausge-sprochen. Insofern kann die PDS nicht bei der Frage stehen bleiben, ob die Verwaltung, so wie sie jetzt beschaffen ist, große Landkreise effizient und bürgernah verwalten kann. Es muss vielmehr gefragt werden, welche eigenen Reserven zu erschließen sind, um den aktuellen Anforderungen an eine moderne Verwaltung zu entsprechen. Neue Formen der Kommunikations- und Informationstechnik zwischen den Verwaltungseinheiten, zwischen Verwaltung und Politik und mit den BürgerInnen sind konsequent zu nutzen. Darüber hinaus ist die „Verwaltung aus einer Hand“ zu garantieren. Dazu müssen die Landkreiskreisverwaltungen und die Verwaltungen der gemeindlichen Ebene dem Bürger ortsnah alle Dienstleistungen anbieten. Dies bedarf einer neuen Form flächendeckender Kooperation zwischen gemeindlicher und kreislicher Verwaltung. Auf der örtlichen Verwaltungsebene müssen Bürgerinnen und Bürger alle Anliegen erledigen können, sei es über mobile Verwaltungsbehörden oder über gemeinsame Bürgerverwaltungen von Kreis und Gemeinde.

2. Den Verwaltungsaufbau des Landes umfassend modernisieren

· Die Zweistufigkeit durch Kommunalisierung herbeiführen

Die PDS strebt an, den zweistufigen Landesaufbau der Verwaltung (Ministerium und Kommunen) so bald als möglich und so konsequent wie möglich zu realisieren. Den größten Effizienz- und Demokratiegewinn erreicht man, wenn dies in Verbindung einer tiefgreifenden Kreisgebietsreform realisiert wird. Große Gebietszuschnitte gewährleisten, dass kommunalisierbare Aufgaben aus dem Landesverwaltungsamt in die Kreise verlagert werden können. Insbesondere betrifft das die Aufgaben der staatlichen Schulaufsicht und des schulpsychologischen Dienstes bis hin zur Übernahme des Personals, sofern alle tarifrechtlichen und sonstigen Rahmen-bedingungen dies ermöglichen. Kommunalisiert werden sollen die Aufgaben der Sozialagentur. Gleichzeitig wird dadurch ermöglicht, dass sich das Land/der Staat aus der Fläche zurückziehen kann ohne Sonderbehörden weiter durch Zentralisation zu reduzieren. Teile der EU-Fördermittel insbesondere im Bereich ländlicher Raum sind mit Beginn der neuen Förderperiode kommunalisierbar, ebenso die Forst- und Landwirtschaftsverwaltung, weitere Aufgaben des Umweltbereiches sowie Aufgaben-komplexe des Arbeitsschutzes und der Gewerbeaufsicht. Die dazu notwendige Harmonisierung der Stellenpläne und Eingruppierungen der Bediensteten ist sicherzustellen. Die Regionalkreise sind dann auch in der Lage, die Aufgaben der Regionalplanung eigenständig zu leisten. Die Kommunalisierung der Aufgaben sollte zeitversetzt erfolgen, sobald die Regionalkreise arbeitsfähig sind.

Die ministerielle Ebene straffen

Effizienzsteigerungen sind auch durch eine Reduzierung der Ministerien zu erreichen. Das Land Sachsen-Anhalt kann mit Beginn der fünften Legislaturperiode seine Ministerien auf sieben reduzieren. Nach Auffassung der PDS sind ein Staats-, Innen-, Finanz-, Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt- und Kultusministerium zu bilden. Dies entspricht dem Entwicklungstrend hin zur politisch konzentrierten Wahrnehmung der immer komplexer werdenden politischen Entscheidungsprozesse.

· Für ein starkes Sachsen-Anhalt mittelfristig Länderfusion anstreben

Die PDS spricht sich dafür aus, dass das Land Sachsen-Anhalt selbstbewusst innerhalb des nächsten Jahrzehnts eine Länderfusion anstrebt. Die gescheiterte Föderalismusdebatte macht deutlich, dass das föderale System in seiner gegenwärtigen Verfasstheit nicht in der Lage ist, eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung von oben zum Erfolg zu führen. Im Kompetenzgerangel bleibt die kommunale Ebene als immer wichtiger werdende Strukturebene außen vor. Der Föderalismus in seinen kleinteiligen Strukturen, mit starren Länderinteressen, die teilweise Regionalinteressen ausbremsen, behindern die europäische Entwicklung. Teilweise laufen die Länderinteressen den Interessen von Bürgerinnen und Bürgern zuwider und schaffen zusätzlich bürokratische Hürden. Deutlich wird das besonders im Bildungsbereich und in der Wirtschaftförderung. Kleine Länder werden innerhalb der weltweiten Zusammenarbeit immer weniger als Wirtschaftspartner gefragt oder gegenseitig in ein kostspieliges Konkurrenzverhalten getrieben. Die PDS spricht sich ausdrücklich dafür aus, dass das Land Sachsen-Anhalt auf der Basis eines kooperativen Föderalismus seine Arbeits- und Vertragsbeziehungen zu anderen Bundesländern vertieft.

Das Land Sachsen-Anhalt strebt selbstbewusst eine Fusion mit den Ländern Sachsen und Thüringen an. Dazu ist die „Initiative Mitteldeutschland“ neu zu denken und zu beleben. Das heißt insbesondere, dass die Zusammenarbeit transparent und parlamentarisch begleitet auf diese Zielstellung ausgerichtet wird.

3. Kommunale Strukturentwicklung effizient und bürgernah

· Kreisstrukturen im Regionalzuschnitt fördern

In den letzten Jahren vollzog sich eine immer stärkere Regionalisierung der Kommunalpolitik. Bis zu einem gewissen Grade konnte diesen Prozessen durch Regionalversammlungen, Regionalkonferenzen und Regionalen Entwicklungsplänen entsprochen werden. Jedoch wurden immer stärker Forderungen nach regionali-sierten Strukturen laut. Die Diskussion um Regionalkreise hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre erkennbar intensiviert. Damit folgte die Politik verzögert den gesellschaftlichen Verflechtungs- und Entwicklungsprozessen insbesondere auch vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung innerhalb der Europäischen Union. Die Kreise als wichtigstes Bindeglied zwischen Staat, Kommunen und Bürgern sind in ihren administrativen Strukturen auf regionale Wirtschaftsräume auszurichten. Für das Land Sachsen-Anhalt bieten sich dafür insbesondere fünf Regionalkreise an, die bis auf wenige Ausnahmen bereits jetzt in Planungsregionen zusammenarbeiten. Anzustreben wären Kreisstrukturen in den Wirtschaftsregionen Altmark, Magdeburg, Anhalt, Harz, Halle.

Die Ausrichtung auf regionale Kreisstrukturen bietet zugleich die Chance, über einen fairen Vorteils-Lasten-Ausgleich zwischen dem jeweiligen Oberzentrum und der dazugehörigen Wirtschaftsregion zu einer wirklich zukunftsfähigen Strategie der Gestaltung von objektiven Stadt-Umlandkonflikten zu gelangen.

Das bereits im Jahre 2000 vorgeschlagene Regionalkreismodell für die Stadt Halle ist derzeit die einzige politische Alternative zu Zwangseingemeindungen und Pflicht-zweckverbänden. Der Verzicht auf kreisfreie Städte auf der Grundlage einer ange-messenen Finanzausstattung ihrer überregionalen Vorhalteleistungen über das FAG führt letztlich zum Gewinn innerhalb der gesamten Region.

Jeder Schritt einer Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform muss zugleich dazu genutzt werden, um Regionen europäischer Dimension mit adäquaten, regional ausgerichteten Verwaltungsstrukturen zu schaffen. Das schließt ein, das Konzept der zentralen Orte zu hinterfragen und durch ein Konzept der optimalen Verteilung ober-, mittel- und grundzentraler Funktionen unter raumordnerischen Aspekten zu ersetzen.

Regionalkreise befördern nicht nur ganzheitliche regionale Entwicklungsprozesse und einen effizienten zweistufigen Verwaltungsaufbau, sie haben auch direkten Einfluss auf die Art und Weise der Entscheidungen im kreislichen Selbstver-waltungsbereich. Nahezu alle klassischen kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben der Landkreise werden bereits durch Kooperationsmodelle verwirklicht. In diesen Modellen sind die Entscheidungsträger nicht direkt demokratisch legitimiert, meist wurden die Positionen der Verwaltungen gestärkt, so dass es insgesamt auch bei diesen Regionalisierungsprozessen zu Tendenzen der Entdemokratisierung kam. Bei der Bildung von Regionalkreisen würden sich Kooperationsmodelle weitgehend erübrigen. Nur in Ausnahmefällen könnten ggf. höhere Kommunalverbände wirksam werden, sofern dies unter den kommunalen Entscheidungsträgern gewünscht wird.

· Effiziente und demokratische Gemeindestrukturen anstreben

Die PDS lässt sich im gemeindlichen Bereich davon leiten, dass Bürgerinnen und Bürger insbesondere in und über ihre Orte gesellschaftliche Entwicklungsprozesse wahrnehmen und am ehesten die Möglichkeit der Mitgestaltung und Entscheidung haben. Ihre Strukturen sollten Raum für die Wahrnehmung von Bürgerrechten und Bürgerpflichten bieten und neu eröffnen, überschaubar sein aber auch effizient und demokratisch arbeiten.

Die gemeindliche Verwaltungsstrukturreform von CDU und FDP hat die Defizite im gemeindlichen Raum nicht beseitigt.

Um bei den gemeindlichen Strukturen der zunehmenden überörtlichen Bedeutung einer Vielzahl von Aufgaben zu entsprechen, müssen wichtige überörtliche Aufgaben der Daseinsvorsorge auch überörtlich wahrgenommen und entschieden werden. Zum anderen sind große Verwaltungsgemeinschaften mit mehr als 10 Mitglieds-gemeinden nicht effizient. Sie binden Steuergelder für aufwändige innere Verwal-tungsvorgänge. Wird das Modell der Großkreise umgesetzt, kommt es zudem zu größeren Verwerfungen innerhalb des Landesaufbaus. Die PDS sieht auch unter demokratischen Aspekten die Einheitsgemeinden im Grundsatz für erstrebenswert.

II.

Die PDS im Ringen um die Umsetzung des Konzeptes

Ausgangslage:

Die PDS hält die oben dargestellte Entwicklung innerhalb Sachsen-Anhalts für erforderlich. Mittelfristig wird es dazu keine Alternative geben, dies betrifft in gleichem Maße auch andere Bundesländer, Mecklenburg-Vorpommern setzt dieses Konzept bereits um, in Sachsen und Thüringen werden ähnliche Konzepte diskutiert. Auch Sachsen-Anhalt befindet sich derzeit in einer Strukturreform der Kreisebene und hätte die große Chance, ebenfalls die Voraussetzungen für eine tiefgreifende Struktur- und Funktionalreform zu schaffen. Dies erfolgt nach dem Willen der derzeitigen Landesregierung jedoch nicht. Wurden am Anfang der Legislatur alle Reformansätze von SPD und PDS verantwortungslos verworfen und gestoppt, so ist mit dem Kommunalneugliederungsgrundsätzegesetz die Ausrichtung der Kreisebene auf Wirtschaftsregionen weitgehend gesetzlich unterbunden. Nach einem ersten Funktionalgesetz wurde eine Weiterführung der Funktionalreform lediglich deklariert, jedoch nicht konkretisiert. Indes gehen die Bestrebungen zur Zentralisation von Aufgaben auf Landesebene weiter. Alle Versuche der Opposition, die sich gegenwärtig bietende Chance für einen tiefgreifenden und komplexen Reformansatz zu nutzen, schlugen fehl. Es ist erklärtes Ziel der derzeitigen Regierung, am dreistufigen Verwaltungsaufbau festzuhalten und bei den Kreisen in der über-wiegenden Zahl keinen Regionalzuschnitt anzustreben. Für eine weitere umfassende Funktionalreform, sieht die PDS unter diesen Voraussetzungen derzeit objektiv keinen nennenswerten Handlungsspielraum.

Die PDS steht vor diesem Hintergrund vor der Frage, inwieweit das für notwendig erkannte Reformkonzept auch verantwortungsbewusst umgesetzt werden kann:

1. In der kommenden Legislaturperiode wird die PDS den Schwerpunkt ihrer Arbeit insbesondere auch über ihre kommunalen MandatsträgerInnen auf die Demokra-tisierung und Effizienzsteigerung auf der kommunalen Ebene legen. Dazu ist das Konzept der Bürgerkommune flächendeckend zu diskutieren und Schritte der Umsetzung auf allen Ebenen zu beschließen. Im Rahmen der Diskussionen und Beschlussfassungen zur Kreisgebietsreform drängen die kommunalen Mandats-trägerInnen darauf, eine kommunale Politikreform in Richtung Bürgerkommune in die Reformziele aufzunehmen. Landesseitig ist eine Beschlussfassung zur Unter-stützung einer kommunalen Politikreform durch die PDS zu initiieren. Die Heraus-bildung von Bürgerkommunen ist als Gemeinschaftsaufgabe des Landes Sachsen-Anhalt und seiner Kommunen zu verwirklichen.

2. Die PDS wird auch weiterhin darum kämpfen, dass die derzeit gesetzlich gere-gelten Obergrenzenregelungen für Kreisstrukturen entfallen. Diese in der Bundes-republik einmaligen Restriktionen behindern die Ausrichtung auf Wirtschafts-räume und machen den Übergang zur Zweistufigkeit unmöglich. Die PDS wird sich dafür einsetzen, dass Bestrebungen aus dem kreislichen Bereich zur Bildung von Großkreisen landesseitig umfassend gefördert werden. Sofern die PDS nach den Wahlen in Regierungsverantwortung treten sollte, trifft dies insbesondere auch für die dann umzusetzende Kreisgebietsreform der jetzigen Landes-regierung zu. Der Zeitkorridor für die Umsetzung der Kreisstrukturen wird dann bis 2009 gestreckt. Nehmen Kreise die Regionalstruktur vorzeitig ein, können diese auf Wunsch bereits einzelne Landesaufgaben übernehmen und als Modell-kreise fungieren. Somit kann eine schrittweise Umsetzung der Struktur- und Funktionalreform erfolgen. Der gegenwärtig laufenden Diskussion und Beschluss-fassung zur Kreisgebietsreform kann und wird sich die PDS nicht verschließen. Sie wird sich jedoch dafür einsetzen, dass der Weg in Richtung Regionalkreise so weit wie möglich für einen späteren Zeitpunkt offen bleibt.

3. Die PDS wird sich dafür einsetzen, dass gemeindliche Aufgaben von überörtlicher Bedeutung (z.B. Kinderbetreuung, Brandschutz, Flächennutzungsplanung, Grundschulen) im Interesse von Bürgerinnen und Bürgern auch überörtlich entschieden werden. Dies kann durch die freiwillige Abgabe der Entschei-dungshoheit durch alle Gemeinden in den Gemeinschaftsausschuss erfolgen. Besteht der Wunsch das Verwaltungsgemeinschaftsmodell beizubehalten, so bildet diese Aufgabenübertragung dafür die Voraussetzung. Die Anzahl der Mitgliedsgemeinden innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft ist zeitnah zur Kreisstrukturreform durch Zusammenschlüsse von Kleinstgemeinden deutlich zu reduzieren. Eine Verwaltungsgemeinschaft soll nicht mehr als 10 Mitglieds-gemeinden haben. Die Fortentwicklung von Verwaltungsgemeinschaften in Einheitsgemeinden ist ein weitergehender Schritt , der sich bei einer großen Anzahl von Verwaltungsgemeinschaften anbietet und auch ohne staatlichen Zwang eingeleitet werden kann.

4. Die PDS geht davon aus, dass die oben skizzierte Weiterführung der Funktional-, Verwaltungs- und kommunalen Strukturreform in ihren Grundzügen bis spätes-tens 2011 abgeschlossen werden kann. Sie wird sich bemühen, dafür mehr öffentliche Akzeptanz und die notwendigen politischen Mehrheiten zu schaffen. Der Parteitag spricht sich dafür aus, dass die gemeinsame Arbeitsgruppe von Landesvorstand und Landtagsfraktion ihre Arbeit langfristig fortsetzt. Im Landes-wahlprogramm sind Schwerpunkte des Konzeptes aufzunehmen. Die Kreisvor-stände der PDS sollten ihre kommunalpolitische Arbeit auf der Grundlage des Konzeptes gestalten und an der weiteren Präzisierung mitarbeiten.

 
 
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