1.
Tagung des 9. Landesparteitages der PDS Sachsen-Anhalt
am 18. und 19. Juni 2005 in Wittenberg
Rede
von Petra Pau
Mitglied
des Deutschen Bundestages Auf zur
Volksabstimmung!
1. Grundmandat
Mir wurde geraten: Petra, wiederhole deine Rede vom „Kleinen
Parteitag“ vor zwei Wochen – die war gut. Das
freut mich natürlich. Aber die kann – wer will
- im Internet nachlesen. Kleiner Werbeblock: www.petrapau.de.
Ich will mit einer
aktuellen Geschichte aus dem Bundestag beginnen. CDU und
CSU wollten diese Woche die Grundmandats-Klausel ändern.
Ihr wisst: Wer drei Direktkreise gewinnt, zieht als Partei
in den Bundestag, so, wie die PDS 1994.
Genau das wollten
CDU und CSU nun verhindern. Sie wollte die Grundmandatsklausel
auf fünf erhöhen. Das wiederum
fand im Bundestag keine Mehrheit.
Die wirkliche
Antwort auf diese Attacke der CDU/CSU gegen die PDS aber
steht noch aus. Und wir können sie geben,
wenn wir am Wahlabend mehr als 5 Prozent der 2. Stimmen und
obendrein fünf Wahlkreise direkt holen. Ich bin entschlossen
und wir können das schaffen, wenn wir gemeinsam kämpfen, überall
und ab sofort!
2. Volksabstimmung
Wir werden vorgezogene Neuwahlen zum Bundestag haben. Das
wünscht sich der Kanzler. Er hat gesagt, er wolle
eine Volksabstimmung über seinen politischen Kurs, über
die Agenda 2010, über Hartz I bis IV.
Ich finde: Diese
Volksabstimmung soll er haben. Und ich werde möglichst viele Wählerinnen und Wähler
ermutigen, an dieser Volksabstimmung teilzunehmen.
Und wir sollten
den Kanzler beim Wort nehmen. Denn bei dieser Volksabstimmung
geht es nicht um Merkel oder Schröder.
Es geht um die politische Richtung, es geht ums Soziale,
es geht um die Zukunft.
Und da finde ich, sind wir mit unserer „Agenda sozial“ gut
dabei. Sie ist unsere Alternative, sie ist eine gute Alternative,
sie ist die bessere Alternative. Und dafür müssen
wir im Wahlkampf werben und streiten.
3. Agenda
Ihr kennt meine Meinung zur Agenda 2010. Sie ist nicht nur
ein Sammelsurium von Gesetzen, die man gut oder schlecht
finden kann. Die „Agenda 2010“ ist für
mich der Gegenentwurf zu einem modernen, sozialen Bürgerrechtsstaat.
Die Agenda 2010
greift nahezu in alle Politikfelder ein. In die Steuerpolitik,
indem der gesellschaftliche Reichtum
weiter von unten nach oben verteilt wird. In die Arbeitsmarktpolitik,
indem Arbeitslose zusätzlich belastet werden. In die
Gesundheitspolitik, indem die Solidarsysteme entsorgt werden.
Selbst in die Innenpolitik, indem der Datenschutz weiter
abgebaut wird.
Dagegen waren
wir immer, diesen Gesellschaftsentwurf lehnen wir ab und
dagegen stellen wir unsere Vorstellungen von einer
gerechten, friedliebenden und solidarischen Gesellschaft.
Wir sagen Nein, zu einer Politik, die wir falsch finden.
Wir werden aber zugleich einen Ja-Wahlkampf führen.
Denn Sorgen haben die Menschen auch ohne uns.
Sie brauchen Hoffnung, sie brauchen Auswege, sie brauchen
Angebote. Das sind wir ihnen als Sozialisten schuldig.
4. Markenzeichen
Nun hatten wir in den letzten Tagen einige Debatten über
den künftigen Parteinamen der PDS. Sie sind auch noch
nicht zu Ende. Ich habe für mich in Anspruch genommen:
Wo PDS drin ist, da muss auch PDS draufstehen. Dafür
kandidiere ich in Berlin!
Ich sage aber
auch: Wo PDS dran steht, da muss auch PDS drin sein. Und
dazu gehören immer auch unser Kampf für
mehr Bürgerrechte und Demokratie, unser Kampf gegen
Rassismus und Nationalismus, unser Kampf für ein selbstbestimmtes
Leben und zwar für alle Menschen, die hier leben oder
arbeiten. Das gehört zum Markenzeichen „PDS“ und
das muss auch so bleiben.
5. Bürgerrechte
Wir haben übrigens im Bundestag immer eine verlässliche
Allianz zwischen FDP und PDS gehabt, wenn es um Bürgerrechte
und Demokratie ging. Leider war die Gegenfront von CSU bis
SPD größer.
Selbst die Grünen waren nahezu ein Totalausfall, wenn
Bürgerrechte geschützt und wenn direkte Demokratie
ermöglicht werden sollte. Bis auf eine Ausnahme – Werner
Schulz.
Und wer eben dachte,
ich meine mit der Ausnahme Christian Ströbele, der irrt. Der grüne Ex-Linke hat zahlreichen
Bundeswehreinsätzen zugestimmt, er hat gegen eine Volksabstimmung
zur EU-Verfassung votiert und er hat sogar die Gegenrede
gehalten, als die FDP und die PDS den großen Lauschangriff
beschränken, bzw. abschaffen wollten.
6. Unterschied
Um nicht den falschen Eindruck zu hinterlassen, FDP und PDS
wären ein Zukunftsprojekt. Natürlich nicht, weil
mit der freien Marktwirtschaft der FDP, mit ihrem Hang zu
Total-Privatisierungen und mit ihrem Feldzug gegen Arbeitnehmerrechte
haben wir nichts zu tun.
Ich will den Unterschied noch an einem weiteren Beispiel
verdeutlichen.
Am Freitag ging es im Bundestag um ein Anti-Diskriminierungs-Gesetz.
Rot-Grün hatte – ausnahmsweise – eine passable
Vorlage geliefert. Sie ging der CDU/CSU und der FDP viel
zu weit. Die CDU wollte Anti-Diskriminierung light. Sie wollte
z. B. Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen sowie jüdische
Mitmenschen nicht extra schützten.
Die FDP war auch
gegen ein unfassendes Anti-Diskriminierungsgesetz. Begründung: Es belaste die Wirtschaft. Und das, liebe
Genossinnen und Genossen, ist der fundamentale Unterschied:
Im Zweifel entscheidet sich die FDP immer für die Unternehmer
und die PDS immer für die Menschen. Und so soll es für
die PDS auch bleiben.
7. Berlin
Noch ein paar Worte zu Berlin. Wenn wir im Bundestag über „Hartz
IV“ diskutierten, dann hagelte es nicht selten Zwischenrufe.
Insbesondere die Grünen, allen voran Joseph Fischer
pöbelten dazwischen: Berlin, Berlin, was macht die PDS
in Berlin!!! Ähnliches kenne ich aus Talkshows, von
Podien und aus der eigenen Partei.
Richtig ist: Die
Berliner PDS hat wie die PDS insgesamt, „Hartz“ immer
abgelehnt. Richtig ist auch: Die Berliner PDS setzt „Hartz“,
wie alle anderen Gesetze auch, um. Doch nun kommt der Unterschied
zu allen anderen:
? Dank PDS (Heidi
Knake-Werner) wurde eine Regelung erkämpft,
wonach ALG II-Empfänger nicht – wie in der Uckermark
und anderswo – massenhaft umziehen müssen.
? Dank PDS (Thomas Flierl) wurde ein 3-Euro-Kulturticket
eingeführt, mit dem ALG II-Empfänger wieder in
Theater, Opern und Konzerte gehen können.
? Dank PDS (Harald Wolf) wurde ein Sozialticket für
den ÖPNV zurück erkämpft, das es in keiner
vergleichbaren Stadt oder Region gibt.
? Und Dank PDS (Stefan Liebich), bereitet das Abgeordnetenhaus
eine Bundesrats-Initiative Berlins vor, die Hartz IV gründlich
entgiften könnte.
Nennt mir bitte
ein Bundesland, das Hartz IV abgelehnt hat und in dem zugleich
so engagiert im Sinne der Betroffenen
regiert wird. Es gibt keines. Und deswegen habe ich auch
keinerlei Probleme mit Rot-Rot in Berlin einen guten Bundestags-Wahlkampf
zu führen - im Gegenteil. Denn gerade die PDS in Berlin
zeigt praktisch: Es geht auch anders! Mit Links geht es besser!
Übrigens: Vor vier Jahren habe ich auf Eurem Parteitag
gesagt: „Vielleicht übernehmen wir Berliner demnächst
das Magdeburger-Modell.“ Die Zeit war schneller und
konsequenter. Nun seid ihr wieder am Zuge. Lieber Wulf und
lieber Mathias, ich wünsche euch beiden beim Landtagswahlkampf
2006 viel Mut und viel Erfolg. Das wünsche ich allen
Genossinnen und Genossen der PDS-Sachsen-Anhalt. Und wenn
ich helfen kann, dann werde ich – wie immer - dabei
sein. Doch vorher müsst ihr mir, müsst ihr uns
helfen, dass wir als PDS gestärkt, als starke Fraktion
in den Bundestag zurückkehren.
Wir haben gestern
in Berlin mit einer Aktivtagung den Wahlkampf eröffnet. Die Losung hieß: „Wir müssen
rein!“ Die Jugendlichen unserer Wahlkampf-Teams haben
während er Tagung den Slogan überklebt. Er hieß dann: „Wir
kommen rein!“. Ja: Wir müssen rein, und ich bin überzeugt,
wir kommen rein, wenn wir es gemeinsam wollen und wir gemeinsam
dafür kämpfen!
Nun habt ihr gerade
einen Stabwechsel an der Landes-Spitze vollzogen. Deshalb
noch ein persönliches Wort zu Dir,
liebe Rosi. Wir beide haben als Landesvorsitzende, wir haben
als PDS, gute und schlechte Zeiten erlebt. In guten Zeiten
hatte ich immer viele Freunde. In schlechten Zeiten konnte
ich mich immer auf Dich verlassen. Dafür danke ich Dir
herzlich. |